„Die Seilschaft“ im Anker Leipzig am Samstag, dem 18.11.2023
Kurz vor Beginn des Konzerts steht immer noch eine Schlange am Einlass. Der Saal ist proppevoll und die Vorfreude hör- und spürbar. Und dann geht es los. Wie ein guter alter Freund, der sagt: „schön, dass du da bist … wollen wir diesen Abend gemeinsam verbringen?“ nimmt die Band die Fans mit den ersten Tönen an die Hand, um sogleich mit dem Titel „Der 7. Samurai“ klar zu machen: Hier ist „Die Seilschaft“, wir haben allen Grund hier zu sein. Ihr habt allen Grund hier zu sein. Das ist unser aller Abend … und „aiooo“ singen alle im 150-jährigen und inzwischen zu neuem Glanz gebrachten Anker Leipzig lauthals mit.
Ob hier die Band ihr Publikum begrüßt oder das Publikum ihre Band … ist eigentlich auch egal. Es ist wie eine herzliche Umarmung. Mit kleinen Anekdoten und Geschichten moderiert Christian Haase. Diese können auch mal länger sein – unterhaltsam und immer mit einer Botschaft, wenn man sie erkennen mag. Faszinierend ist zu beobachten, dass er bei seiner charmanten und sprachlich ausdrucksstarken Erzählweise nebenbei seine Gitarre stimmt.
Natürlich ist er der „Jungspund“ und wird es wohl auch immer bleiben. Als vor 30 Jahren das Album „Der 7. Samurai“ erschien, war er nach eigener Auskunft 12 Jahre. Darauf, dass dieses Jubiläum ansteht und nun ein Grund für eine Neueinspielung und eine Tour ist, musste er wohl die Band erst hinweisen. Auch diesen Fakt moderiert er ganz humorig ins Fangehör.
Jeder Titel des Abends ist wie ein Geschenk. Mal ein kleines (leises), mal ein großes (kraftvolles) Paket, überreicht von einer spielfreudigen Band, die Spaß hat und versprüht. Christoph Frenz hüpft ab und an mit seinem Bass auf und ab und ihm strahlt die Glücksseligkeit aus dem Gesicht, wenn der Saal lauthals mitsingt. Tina Powileit sorgt für den Groove und der Sound ihrer Trommeln ist für einen schlagzeugaffinen Zuhörer einfach traumhaft. Und hörbares Ergebnis des auch insgesamt guten Tons, den der Mann am Pult aus den Reglern zaubert. Trotz aller Konzentration lächelt und lacht Tina, pustet sie ihre lockigen Haare aus dem Gesicht und tauscht Blicke mit ihren Bandkollegen, die klar machen, dass hier Menschen miteinander Musik machen, die sich schätzen und wirklich mögen. Michael Nass kommt bei einigen Titeln mit dem Akkordeon aus seinem kleinen Keyboardnest hervor und dann sind die Hutträger auch mal nebeneinander. Denn auch Multiinstrumentalist Andreas Wieczorek ist behütet und vor allem begnadet. Aus Flöten, Saxophonen und Mundharmonikas gibt er das unglaubliche Extra dazu, dass aus den Songs die Songs der Seilschaft macht. Und einige dieser Songs singt er - ebenso berührend und mitnehmend wie Christian Haase, dem die Sympathien hier in seiner Geburtsstadt gewiss sind. Mario Ferraro spielt seine elektrischen Gitarren genau da, wo sie hingehören. Mal laut und kraftvoll, mal verspielt und immer mit sichtbarem Spaß am Spiel und der Atmosphäre dieses grandiosen Abends, an dem Jeder Gundermann in seinen Gedanken und im Herzen hat – eher unausgesprochen. Auch das ist „Die Seilschaft“. Sie bewahrt, erinnert und gestaltet Zukunft. Chapeau!
Roman Raschke
Fotos: Heike Zander