Computer, Kohle, Kultur …
… und noch viel mehr lässt sich mit Hoyerswerda verbinden. Dass die Stadt schon auf eine über 750-jährige Geschichte blicken kann, hat mir erst eine kurze Recherche bewusst gemacht. Meine eigene Lebensgeschichte hat durchaus Verbindung zu Hoyerswerda. Im Dorf Hosena, etwa zwischen Senftenberg und Hoyerswerda gelegen, erblickte meine Mutter das Licht der Welt, um wenig später mit Eltern und älterem Bruder in eine nahe Stadt zu ziehen, nach Hoyerswerda. Und so besuchte ich am Tag nach der RADIO OSTROCK-Sendung aus der KUFA (Kulturfabrik) Hoyerswerda auch eben dieses Haus, in dem die junge Familie damals einige Zeit lebte. Gut, ich habe dieses Haus nur von außen angeschaut. Doch es war schön saniert, wie augenscheinlich alle Häuser der Altstadt. Auch wenn das ein oder andere Haus insbesondere für eine Ladenfläche neue Ideen und Nutzer sucht. Der inzwischen langjährige Einheimische – Micha, „der Brotbäcker“ – ist nicht nur RADIO OSTROCK verbunden, sondern auch uns beide verbinden Lebensphasen, die mit meinen Großeltern und Hoyerswerda zu tun haben. Und so ließ er mir quasi eine ausgiebige Stadtrundfahrt angedeihen. Manchmal blieb das Auto stehen und wird liefen die anzuschauenden Orte zu Fuß ab. In der Kirche hatten wir das Glück, eine Audio-Installation zu erleben. Ein Kinderchor „aus der Konserve“ war zu hören. Und die Solostimmen kamen wechselnd aus unterschiedlichen Lautsprechern. Eine tolle Idee, die technisch anspruchsvoll super umgesetzt war und die ich so erstmalig erlebte.
Viele kennen wohl Hoyerswerda als Stadt, die in der DDR insbesondere durch die Braunkohle geprägt war. Sie wuchs bezüglich der Einwohnerzahl in kurzer Zeit enorm. Insbesondere die Neustadt entstand rasant und die Wohnkomplexe (WK) wurden 8 an der Zahl. Hier wurde gewohnt, spielten die Kinder, gingen sie in Kindergarten und Schule. Hier gab es Einkaufsmöglichkeiten und ärztliche Versorgung. Und es gab viel Grün, das natürlich seine Zeit zum Wachsen und Werden brauchte. Hoyerswerda war damals eine moderne, wachsende und wichtige Stadt. Und heute? Nach der Wende wurden die Menschen in Hoyerswerda weniger. Wegen der Kohle – durchaus ganz wörtlich gemeint. Die Stadt wandelte sich. Auch schmerzhaft. Und so zeigte mir Micha ganz viele Orte, wo einst mehrgeschossige Wohnblöcke standen. Heute sind da Spielplätze, Grünflächen und auch mal neugebaute Häuser und kleine Stadtteilzentren. Hier und da ist nachzuvollziehen, wie es einst war. Und wenn es eine Fassadenbemalung ist, die zeigt, wie es da mal aussah. Ich habe die Menschen in Hoyerswerda als ruhig und freundlich wahrgenommen und mich durchaus wohlgefühlt. Und da merke ich, dass ich zur Lausitz doch auch einen emotionalen Bezug habe, obwohl ich in Leipzig geboren bin und immer wohnhaft blieb. Wir besuchten spontan eine Trachtenschneiderei. Ein kleiner Laden, der die Tradition bewahrt und auch ein kleines Museum im Obergeschoss beherbergt. Hier war das sorbische Leben ganz nah zu spüren. Natürlich ist es in Hoyerswerda überall zu sehen. Denn alles, was in deutscher Sprache sichtbar ist, ist auch auf sorbisch geschrieben: Straßenschilder, Gebäudebeschriftungen, … . Mit dem Auto fuhren wir auch raus aus der Stadt. Zu einigen Seen, die nach der Braukohle nun wasserbegeisterte Freizeitmenschen anziehen. Sicher komme ich auch hierher nochmal. Und auch in der KRABAT-Mühle in Schwarzkollm machten wir Halt. Der Besuch dort inspirierte mich, auf der nächsten längeren Gastspielfahrt im Auto das Hörbuch anzustellen und so meinem Besuch „nachzuarbeiten“.
Auf dem Weg raus aus der Stadt besuchten wir den Friedhof und das Grab von Gerhard Gundermann. Ein freundlicher Friedhofsbesucher hatte uns sofort den genauen Ort des Grabes sagen können. GUNDI ist in den Herzen der Menschen. Das merkte ich auch bei dem hinweisgebenden Herren. Viele verehren ihn – als Künstler, als Menschen. In der KUFA Hoyerswerda wurde dem Rockpoeten und Liedermacher aus Hoyerswerda ein würdiger und aktiver Ort des Erinnerns gestaltet. Doch das ist nicht der alleinige Grund, die KUFA zu besuchen. Ich war beeindruckt vom Haus und dem, was dort geschieht und von den technischen Möglichkeiten. Und da sind wir bei Konrad Zuse – quasi auch einem Sohn der Stadt. Er entwickelte den ersten programmierbaren Computer. Ohne ihn hätte ich all das hier gar nicht schreiben und Sie / Ihr nicht lesen können. Im „ZCOM“, dem „Zuse-Computer-Museum“ war ich diesmal nicht. Das steht auf meinem Zettel für einen erneuten Besuch der sympathischen Stadt.
Nicht nur einmal hörte ich auch Gedanken, die das Potential von Hoyerswerda beschrieben. „Uns fehlen hier die jungen Leute, Studenten …“ und „Wenn es eine S-Bahn zwischen Dresden und Hoyerswerda gäbe, dann würden Viele, die in Dresden arbeiten, in Hoyerswerda leben und bräuchten nur etwa eine halbe Stunde von hier nach da.“ Denn hier ist doch alles da: freundliche Menschen, Orte der Kultur mit der KUFA und auch der Lausitzhalle, viel Grün und Wasser, auch indoor – denn das Freizeitbad wird demnächst noch schöner wiedereröffnet. HOYWOI, wie Viele Hoyerswerda liebevoll nennen, hat noch was vor. Das ist zu spüren und ich werde ab und an nachschauen. Danke Hoyerswerda, danke Micha!
Roman Raschke